Moderne Buchkunst seit 1960 - Eine private Sicht -  
   

Olaf Wegewitz - Deutschland

Texttranskription vom Februar 2004

 

... Die Frage, warum ich der Buchform in meiner Arbeit hohen Stellenwert beimesse, habe ich mir nie so gestellt. Für mich ist das Buch eine eigenwillige Findung des menschlichen Geistes, der nichts Vergleichbares gegenüber steht. Es ist wie Sonne und Regen, wie Wind und Wasser, ohne die nichts Lebendiges wäre. Wo kann eine Idee umfassender existieren als in einem Buch - nur im Gehirn. Das Buch aktiviert den Menschen zeitlich, räumlich und geistig ohne ihn zu zwingen - das will ich erreichen - und es wird sehr persönlich; man schenkt einem Buch Aufmerksamkeit, nur durch Umblättern lüftet sich sein Geheimnis. Meines Wissens gibt es unter den Büchern, welche ich hier in meiner Werkstatt entwarf und fertigte, nur sehr wenige ohne Text. Es entsteht immer eine Symbiose - das Bild als Text und der Text als Bild. Nicht selten entfalten sich plastische Formen aus dem Buchraum. Einige Bücher, z.B. auch "mikrokosmos", sind im Zusammenspiel vieler Akteure entstanden, deren Fähigkeiten und Ideen zum Reichtum des Buches beitrugen. Bild und Text entwickeln ein Gemeinschaftsleben, sobald das Buch als eine Ideenfrucht reift. Proportionen, Erbaulichkeit und Lehrhaftigkeit entstehen zusammen mit der Technologie des Buchkörpers, welche dem Inhalt gemäß sein muß.